Bei der Präsidenten-Wahl Donald Trumps und beim Brexit haben zwei Mal die Teile der Bevölkerung gewonnen, die Angst vor den Anderen haben und die Lösung ihrer Probleme in der Abgrenzung des reichen Nordens vom sich entwickelnden Süden sehen. Freiwillige und Freiwilligen-Organisationen müssen Widerstand gegen diesen Trend leisten und sich jetzt mehr denn je für Völkerverständigung einsetzen. Ein „Das muss jetzt mal raus“ von Frank Seidel, Gründer von wegweiser-freiwilligenarbeit.com.
Der Schock sitzt tief. Mit Donald Trump hat eine Mehrheit der USA für einen egozentrischen Rassisten gestimmt, der mit sexueller Nötigung angibt, die Klima-Katastrophe leugnet, vom Klu-Klux-Klan unterstützt wird und im wahrsten Sinne des Wortes sein Land einmauern will, um es von einer anderen Nation abzuschotten. Und heute Morgen droht er: „Unsere Bewegung hat gerade erst begonnen.“ Rechtsextreme „Wir-zuerst“-Politiker gehören in Europa zu den ersten Gratulanten und hoffen auch in Deutschland oder in Frankreich bald die Regierung stellen zu können.
Diese Entwicklung steht im Widerspruch zu allem, weshalb ich wegweiser-freiwilligenarbeit.com gegründet habe und bereits seit rund 25 Jahren Menschen helfe, Freiwilligenarbeit im Ausland zu machen. Ich bin davon überzeugt, dass die Begegnung mit Menschen in anderen Ländern im Rahmen eines Freiwilligen-Projekts dazu beitragen kann, die Angst vor anderen Nationalitäten, Religionen, Kulturen abzubauen. Zu verstehen, dass wir letztendlich immer alle in einem Boot sitzen, dass das Leben in Europa oder Nordamerika eng mit dem in Afrika oder Asien vernetzt ist, und dass wir deshalb gemeinsam an den Lösungen arbeiten müssen, statt die Welt in „uns“ und „die“ aufzuteilen. Die Änderung der Einstellungen hin zu mündigen Welt-Bürgerinnen und -Bürgern ist für mich der Hauptnutzen von ehrenamtlichen Engagement im Ausland.
Deswegen darf meine und unsere Reaktion auf die weltpolitischen Erdbeben Trump und Brexit nicht sein, nach Kanada auszuwandern oder zu hoffen, dass bei uns so etwas nicht möglich ist. Zusammen mit Freiwilligen und Freiwilligen-Organisationen möchte ich Widerstand leisten gegen Fremdenhass und Abschottung, möchte mich weiter einsetzen für Völkerverständigung und globales Lernen.
Wie die politischen Eliten und andere Entscheidungsträger, die sowohl die Brexit- als auch die Trump-Wähler abstrafen wollten, dürfen wir gleichzeitig nicht einfach so weitermachen wie bisher. Freiwilligenarbeit im Ausland ist nur ein kleiner Teil der Gesellschaft, aber wie alle anderen Teile auch sollten sich die Akteure der internationalen Freiwilligenarbeit fragen, wie sie ihren Teil dazu beitragen können, die von Trump beschworene Bewegung zu stoppen.
Freiwilligen-Organisationen und auch Freiwilligen-Portale wie wegweiser-freiwilligenarbeit.com haben ein großes ungenutztes Potenzial, den Lernprozess der Freiwilligen zu fördern. Derzeit bleibt es häufig noch der Einzelinitiative der Freiwilligen überlassen, nachzufragen und zu verstehen, wie das Leben der Menschen in Kapstaft, Phnom Penh oder Cusco mit dem Leben in Düsseldorf, Salzburg oder Bern zusammenhängt.
Freiwillige haben die Möglichkeit, die positive Veränderung des Freiwilligenarbeits-Sektors voranzutreiben, in dem sie ihre Anmeldungs-Entscheidung auch danach treffen, wo sie die besten Möglichkeiten haben, aus ihrer Komfort-Zone herauszukommen und mehr über ihre Gastgeber und globale Zusammenhänge zu erfahren.
Kritiker, die Freiwillige als Egozentriker auf der Suche nach Gewissensberuhigung karikieren, dürfen nicht vergessen, dass bei einem Lern- und Entwicklungsprozess zwangsläufig ein zu verbessernder Zustand am Anfang steht. Es wäre falsch den Menschen ihren Wunsch nach Engagement im Ausland auszureden, weil ihre Beweggründe nicht rein genug, ihre Vorstellungen nicht richtig genug, oder die Dauer des Engagements nicht lang genug sei.
Wir brauchen mehr Menschen, die im Rahmen eines Freiwilligen-Projekts über den Tellerrand hinausgucken und dabei gleichzeitig, das sollte nicht vergessen werden, lokalen Aufnahme-Projekte bei der Erfüllung ihrer Aufgaben helfen. Nicht weniger.
Damit diese Menschen in ihre Heimatländer zurückkommen und dort in ihrem täglichen Leben und durch ihr tägliches Tun zur Gegenbewegung werden. Damit sie diejenigen, die sich derzeit mit Brexit- und Trump-Wahlen einigeln, davon überzeugen, dass die Ursache der Probleme nicht „die anderen“ sind.
Zweimal bin ich jetzt schon aufgewacht, um zu erfahren, dass das Unvorstellbare doch eingetreten ist. Ich habe jetzt genug Angst gespürt und genug Zeit damit verbracht, meinen Töchtern zu erklären, warum sie trotzdem positiv in die Zukunft blicken sollten. Deswegen krempele ich jetzt wieder die Ärmel hoch, damit das nicht wieder vorkommt.
Was meint ihr? Wie können wir solche Ereignisse in Zukunft verhindern?
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