Freiwilligen-Organisationen in Afrika, Asien und Lateinamerika helfen nicht nur Freiwilligen ihre Projekte effektiv zu unterstützen, sondern stellen auch attraktive Arbeitgeber dar. Der Erfahrungsbericht von Martina Käser zeigt, dass eigene Erfahrung mit flexibler Freiwilligenarbeit im Ausland bei der Bewerbung sehr wichtig ist, selbst wenn das zu Beginn erst einmal Geld kostet (unsere Seite Warum bezahlen? erklärt warum). Was du sonst noch brauchst, um in der internationalen Freiwilligenarbeit oder im Voluntourismus evtl. sogar Karriere zu machen, erzählt sie selbst.
Dezember 2009: Die letzten (mündlichen) Prüfungen an der Universität habe ich abgeschlossen, die Diplomarbeit abgegeben und mein Studium der Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Marketing und Controlling erfolgreich beendet. Anfang 2010 steht das Abenteuer Freiwilligenarbeit Peru vor der Tür. Diese Idee entstand als ich einige Monate davor ein Poster mit Werbung für Spanischkurse und Freiwilligenarbeit auf dem Universitätsgelände gesehen hatte. Ich informierte mich in dem Reisebüro auf dem Campus, war begeistert und die Entscheidung stand fest: Ich buche das Programm in Peru. Ein neues Land erforschen, lernen und gleichzeitig helfen – eine perfekte Kombination. Und meine Freundin aus Lima, die derzeit in Deutschland lebte, hatte mir schon immer von ihrem Land vorgeschwärmt und mir viele Bilder gezeigt. Das hat mich sehr fasziniert. Es kostete mich um die 1500 Euro plus Flug, was ich mir mit dem Gehalt meines Nebenjobs zusammengespart hatte, und das war es auch wert. So, ich bin dann mal weg!
Nach ein paar Tagen in Lima, Sommer, Großstadt und Pazifikküste, genieße ich beim Weiterflug nach Cusco die Aussicht auf die beeindruckenden Anden. In Cusco erwartet mich eine schöne, altertümliche Stadt, Regenzeit, Machu Picchu und natürlich mein vierwöchiger Sprachkurs. Nach meiner Zeit in Cusco fahre ich voller Vorfreude nach Arequipa, um meine Freiwilligenarbeit im Mädchenhaus anzutreten. Ich hatte eine wundervolle Zeit mit diesen einzigartigen Mädchen, die viel im Leben zu kämpfen haben, aus armen und oft zerrütteten Verhältnissen kommen und an den Wochenenden auf der Straße verkaufen müssen, um ihren Familien zu helfen. In dem Mädchenhaus wurde ihnen die Chance gegeben in die Schule zu gehen, zu lernen und ihre Kindheit etwas zu Genießen. Eine unvergessliche Erfahrung! Ich habe viel gegeben, aber auch viel gelernt und zurückbekommen.
Viele Tränen kullerten beim Abschied von den Mädchen und natürlich auch bei meinem Abschied aus Peru. Deutschland hatte mich wieder und die Mission Arbeitssuche begann. Meine Erfahrung in Peru hatte mich sehr geprägt und ich versuchte eine Arbeit zu finden, bei der ich mein Studium der Betriebswirtschaftslehre mit dem Thema Freiwilligenarbeit verbinden konnte. Beim Durschforschen von Jobangeboten stoß ich auf der Internetseite der Sprachschule in Cusco auf eine Anzeige für einen “Volunteer Coordinator”. Ich schickte meine Bewerbungsunterlagen an die Besitzerin der Schule in Holland, wir kommunizierten zuerst per E-Mail mit anschließendem Vorstellungsgespräch über Skype. Ich bekam den Job als Koordinatorin des Freiwilligenprogramms und im Bereich Marketing. Das Gehalt war im Vergleich zu Deutschland eher gering, jedoch genug, um gut in Cusco zu leben. Ich war überglücklich, aufgeregt und traurig zur gleichen Zeit, da dies natürlich bedeutete, Deutschland für eine Zeit zu verlassen.
Aus einem geplanten Jahr wurden 3 Jahre und 6 Monate, die ich in Cusco verbrachte, da das Thema Freiwilligenarbeit immer mehr an Bedeutung gewann, ich mit der Zeit mehr Aufgaben und Verantwortungen hinzu bekam, Spaß an der Arbeit hatte und auch Gehaltserhöhungen nicht ausblieben. Ich habe viel gelernt und konnte mich weiterentwickeln – eine wertvolle Erfahrung!
Nach mehreren Jahren in Cusco war ich bereit für eine neue Herausforderung. Eines Tages hatte ich eine mexikanische Freiwillige in Peru, die mir erzählte, dass auch Mexiko Freiwillige und sehr viel Hilfe braucht, die Kluft zwischen arm und reich sehr groß ist und es verschiedene Hilfsprojekte in ihrer Heimatstadt Mérida gibt. Daraufhin entstand die gemeinsame Idee in Mérida mit Freiwilligen aus aller Welt zu arbeiten, zu helfen und gemeinsam Schritt für Schritt die Lage vieler Menschen zu verbessern. Es gab jedoch überhaupt noch keine Struktur vor Ort, lediglich ein paar Kontakte, die meine Freundin hatte. Es musste also alles neu aufgebaut werden, Projekte für die Freiwilligenarbeit, Unterkunft, Mahlzeiten, ein Büro etc.
Eine Organisation, mit der ich bereits drei Jahre erfolgreich in Cusco im Bereich Freiwilligenarbeit zusammengearbeitet hatte und die spitzenmäßige, professionelle Arbeit leistet, schloss sich dem Projekt an. Sie selber kümmern sich um das Marketing, die Kontaktaufnahme und Vorbereitung der Freiwilligen und wir um den Ablauf und die Betreuung vor Ort. Es ist eine Herausforderung und noch größere Verantwortung sich plötzlich nicht “nur” noch um das Freiwilligenprogramm, sondern um den gesamten Ablauf zu kümmern, aber wir beide sind mit Leib und Seele dabei. Anfang dieses Jahres haben wir das Projekt in Mexiko gestartet und hatten bereits Freiwillige in der Tagesstätte, der städtischen Essensausgabe, der Schule und dem Umweltprojekt. Die Unterkunft liegt sehr zentral, nur vier Blöcke von dem “Plaza Grande”, dem Hauptplatz, entfernt. Unsere Köchin bereitet köstliche, hausgemachte und traditionelle Mahlzeiten für alle Freiwilligen zu. Aber was am wichtigsten ist: unsere Projekte hier in Mérida brauchen die Hilfe der Freiwilligen und es werden alle mit offenen Armen empfangen.
Sehr herzlich empfangen einen auch die Leute, die in den Dörfern um Mérida herum wohnen. An Ostern verbrachten wir vier Tage in dem Dorf Kancabchen, aßen in ihren Häusern, strichen Bänke, installierten Ventilatoren, pflanzten Bäume und nahmen an allen ihren Gewohnheiten und Gebräuchen teil.
Ich genieße meine Arbeit im Ausland sehr und plane noch eine längere Zeit in Mexiko zu bleiben, auch wenn ich mit dem Gedanken spiele, in der Zukunft nach Deutschland zurückzukehren.
Jeder kann die Welt zum besseren verändern, einen positiven Beitrag leisten und wir möchten dir die Möglichkeit dazu geben. Es ist eine gewinnbringende Situation für beide Seiten und eine wertvolle Erfahrung. Ich habe sie gelebt und zu meinem Beruf gemacht, eine Entscheidung, die ich nicht bereue.