Wer bei seiner Freiwilligenarbeit in Afrika mit Tieren arbeiten möchte, hat oft die Arbeit mit Raubkatzen im Blick. Vorsicht ist allerdings dann angebracht, wenn Wildlife-Projekte damit werben, dass Freiwillige junge Löwen per Hand aufziehen dürfen. Denn: Die Löwen aus diesen Tierfarmen enden statt in der Wildnis in der Regel vor dem Gewehrlauf eines Jägers. Damit Freiwillige mit ihrer Arbeit nicht unwissentlich die Trophäen-Jagd unterstützen, haben wir als erstes Online-Portal im deutschsprachigen Raum alle Raubkatzen-Zuchtprojekte von unserem Portal genommen und klären über die Masche der Löwenjagd-Industrie auf.
Tl;dr* – Kurz & knapp
„Kuschle mit dem König der Tiere“, „Füttere Löwenbabys per Hand“, „Spiele mit den Löwenkindern“ – nicht wenige Wildlife-Angebote im südlichen Afrika locken mit diesen Versprechungen Löwenfans in ihre Projekte. Das klingt erst einmal toll: Ich engagiere mich freiwillig und trage zum Erhalt der Löwen bei, und als Sahnehäubchen darf ich auch noch mit den drolligen Tieren herumtollen. Kein Wunder also, dass Löwenprojekte in Afrika viel Zulauf haben.
Züchter locken mit falschen Versprechungen auf ihre Tierfarmen
Hinter vielen Angeboten in Südafrika, Zimbabwe und anderen Ländern stecken allerdings skrupellose Geschäftemacher, die die guten Absichten der Freiwilligen schamlos ausnutzen. Sie erzählen den Volunteers, die Tiere würden gezüchtet, um den Genpool zu durchmischen. Später würden sie wieder ausgewildert werden, um sich in freier Wildbahn zu paaren. Freiwilligenarbeit mit Löwen- oder anderen Raubkatzen-Babys trage also direkt zur Arterhaltung bei.
Das Gegenteil ist der Fall. Denn die Auswilderung von in Gefangenschaft aufgewachsenen Löwen, die ständig mit Menschen in Kontakt waren, ist unmöglich. Die Raubkatzen würden eine Gefahr für die Bevölkerung darstellen, wenn sie sich aufgrund mangelnder Scheu den Dörfern und ihren Bewohnern nähern. Außerdem könnten sie, nachdem sie per Hand aufgezogen und auch später stets vom Menschen gefüttert wurden, in der Wildnis nicht überleben.
Um das Aufpäppeln von Hand gegenüber misstrauischen Helfern zu legitimieren, behaupten die Tierfarm-Besitzer häufig die Löwen-Mütter hätten eine gestörte Beziehung zu ihren eigenen Jungen und würden die Tiere verstoßen. Tatsächlich kommt es in der Wildnis vor, dass Löwinnen sich beispielsweise nicht um die schwächsten Jungen ihres Wurfs kümmern. Dabei handelt es sich aber um Einzelfälle, während auf den Tierfarmen immer mehrere Löwen-Babys gleichzeitig leben und per Hand aufgezogen werden.
Um die Art zu erhalten, muss ihr Lebensraum geschützt werden, so dass sich die Raubkatzen in der freien Wildbahn fortpflanzen können. Löwen in Gefangenschaft zu züchten, trägt dagegen nicht zur Erhaltung der Wildtiere bei – auch wenn die Züchter das gerne behaupten.
Täglich werden zwei bis drei Löwen gejagt und erschossen
Sobald diese Löwen-Babys, mit denen die Freiwilligen kuscheln und spielen dürfen, fünf oder sechs Jahre alt sind, werden sie meist bei einer grausamen Gatterjagd erschossen. Bei dieser Form der Jagd, auch unter dem englischen Begriff „Canned Hunting“ bekannt, erschießen Jäger einen Löwen in einem eingezäunten Gelände. Die Tiere können also nicht fliehen – oft laufen sie ihrem Killer sogar entgegen, weil sie denken, dass er Futter bringt.
Allein im vergangenen Jahr landeten so laut National Geographic rund 1000 Löwen vor den Gewehrläufen und Bögen meist ausländischer Jäger – zwei bis drei an einem einzigen Tag. Und die Gatterjagd ist ein lohnendes Geschäft: Um die 12.000 Euro zahlen die Jäger, damit sie einen Löwen erlegen dürfen. Um für genügend Nachschub zu sorgen, werden die Raubkatzen deshalb massenhaft herangezüchtet.
Auch Fotos und Spaziergänge tragen zur Gatterjagd bei
Doch nicht nur die Jagd sorgt dafür, dass das Geld in den Kassen der Züchter klingelt. Die findigen Geschäftemacher haben sich viel einfallen lassen, um den größtmöglichen Profit aus einem Löwenleben zu schlagen. 60.000 Euro verdienen sie nach Schätzungen der Tierschutzorganisation CACH ungefähr an jedem Tier. Die Erträge aus den Teilnahmebeiträgen von Freiwilligen machen dabei weniger als 20 Prozent aus. Herkömmliche Touristen dienen leider ebenfalls als Geldquelle. Zunächst werden ihnen Selfie-Fotos mit den Raubkatzen-Babys angeboten, dann Spaziergänge mit den halbwüchsigen Löwen („Walking with Lions“). Nach der Jagd werden auch noch die Knochen der Tiere nach Asien verkauft, wo daraus traditionelle Medizin hergestellt wird.
Die Bilder aus diesem Video sind zwar nur teilweise in Afrika entstanden, veranschaulichen aber sehr gut, unter welchem Stress die Tiere stehen und wie sehr sie unter dem ständigen menschlichen Kontakt leiden.
Welche Projekte schließen wir aus unserer Datenbank aus?
Als Online-Portal, das sich ganz der sinnvollen Freiwilligenarbeit im Ausland verschrieben hat, wollen wir natürlich nicht der Gatterjagd-Industrie in Afrika zuarbeiten. Deshalb lassen wir auf wegweiser-freiwilligenarbeit.com pauschal keine Freiwilligen-Projekte zu, bei denen der direkte Kontakt mit Raubkatzen-Babys wie Löwen, Leoparden, Geparden oder Tigern zu den regelmäßigen Aufgaben der Volunteers gehört. Zu direktem Kontakt zählen wir füttern von Hand, spielen, wandern in Gesellschaft von Löwen („walking with lions“) und ähnliche Tätigkeiten.
Damit schließen wir ausdrücklich auch Zuchtprogramme aus, deren Jungtiere angeblich irgendwann mal ausgewildert werden sollen, egal ob in erster, zweiter oder dritter Generation. Wir haben bei mehreren renommierten Naturschutz- und Tierschutz-Organisationen (darunter WWF, IUCN, Vier Pfoten) recherchiert, die uns alle bestätigt haben, dass es derzeit in Afrika kein Auswilderungsprogramm gibt, dass erfolgreich in Gefangenschaft gezüchtete Löwen wieder in der freien Wildbahn angesiedelt hat. Die Zukunft der Raubkatzen-Jungen, die in solche Zuchtprogramme eingespeist werden, ist deshalb sehr fraglich.
Eine ähnliche Strategie verfolgen wir bei Freiwilligenarbeit-Projekten mit Waisen, die ihr ebenfalls bei uns vergeblich sucht. Wie auch bei den Löwen-Kuschel-Projekten wird dort der gute Wille der Freiwilligen ausgenutzt – zu Lasten der Kinder und zur Bereicherung der Betreiber.
Sinnvolle Alternativen für Freiwilligenarbeit mit Löwen und anderen Raubkatzen
Wer trotzdem beim Schutz der Raubkatzen helfen will, findet auf unserem Portal eine Vielzahl sinnvoller Wildlife-Projekte, in denen sich Löwen-Fans aktiv für den nachhaltigen Schutz bedrohter Arten einsetzen können. In vielen Nationalparks und privaten Schutzgebieten können Freiwillige den Lebensraum nachhaltig schützen und die Tiere in der freien Wildbahn beobachten, statt im Käfig mit ihnen zu knuddeln. Zudem gibt es Tierpflege-Projekte, in denen verletzte, beschlagnahmte oder aus Gefangenschaft befreite Tiere ihr Gnadenbrot bekommen.
- Freiwilligenarbeit in Tierpflege- und Veterinärprojekten in Afrika
- Freiwilligenarbeit in Naturschutz- und Umweltschutzprojekten in Afrika
Diese Projekte stellen wir guten Gewissens auf unserem Portal vor, denn wir wollen sinnvolle Freiwilligenarbeit fördern, von denen sowohl die Teilnehmer als auch die Tiere profitieren.
Gibt es ein FSJ in Afrika mit Tieren?
Bei den Projekten auf unserer Seite handelt es sich um flexible Freiwilligenarbeit, d.h. du entscheidest, wie lange du in welchem Land ehrenamtlich arbeitest. Gerade viele junge Menschen überlegen auch oft, ein FSJ in Afrika mit Tieren zu machen. Da „FSJ“ häufig als Oberbegriff für ehrenamtliches Engagement im Ausland benutzt wird, eben auch mit Tieren, ist es wichtig den Unterschied zu verstehen. Ein FSJ (Freiwilliges Soziales Jahr) im Ausland ist ein geregelter Freiwilligendienst, den es heute kaum noch gibt, da er von anderen staatlich geförderten Auslands-Freiwilligendiensten wie weltwärts oder dem Internationalen Jugendfreiwilligendienst (IJGD) abgelöst wurde. Stellen in Wildlife-Projekten in Afrika gibt es bei diesen Diensten allerdings nur extrem selten.
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