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Kulturschock? Nicht mit mir!

Erfahrungen einer Freiwilligen, 10 Tipps & nützliche Infos

Straßenkinder-Projekt in Ghana

Die Kinder spielen mit dem Spielzeug, das die Volunteers mit ins Projekt gebracht haben. Eine schöne Initiative.

Im Interview erzählt uns Maria, die 2 Monate in Accra, Ghana,  ein Freiwilligen-Projekt begleitet hat, von ihren Erfahrungen und gibt zukünftigen Volunteers Tipps und Ratschläge rund um den Kulturschock. In Afrika hat sie sich für ein Straßenkinder-Projekt engagiert, und sich vor allem um die Kleineren gekümmert: Waschen, Spielen, Singen, ABC-Lernen und zusammen Essen. Insgesamt waren täglich 10-15 Kinder im Projekt, die von mehreren Volunteers betreut wurden. Warum sie Freiwilligenarbeit gemacht hat? Sie wollte vor dem Master-Beginn nochmal raus aus dem Alltag, einen anderen Kontinent entdecken, ihr Englisch verbessern und dabei etwas Nützliches tun. Auch wenn sie selber sagt, dass sie mit ihrem freiwilligen Engagement nicht die Welt verändert hat, ist sie überzeugt das Leben der Straßenkinder fröhlicher gemacht zu haben und so auf ihre Weise einen kleinen Beitrag zur Entwicklungshilfe in Afrika geleistet zu haben.

 

 

Kulturschock, was ist das eigentlich?

Ist man das westliche Leben gewöhnt, kann es schnell passieren, dass man von einer fremden und ganz anderen Kultur regelrecht überrumpelt wird. Ein Kulturschock macht sich dann bemerkbar, wenn die eigenen Werte nicht mit den fremden übereinstimmen. Anders gesagt: Man stellt Erwartungen an Land, Menschen und Kultur, die aber nicht erfüllt werden. Symptome sind unter anderem: extremes Heimweh, Traurigkeit und ein Gefühlt von Isolation und Desorientierung, leichte Reizbarkeit und eventuell Schlaf-und Ernährungsstörungen. Ein Kulturschock kann jedem widerfahren. Deshalb ist es wichtig zu wissen, welche Symptome ein Kulturschock mit sich bringt, um ihn eventuell bei sich oder anderen frühzeitig zu erkennen und reagieren zu können.

 

Das Durchlaufen verschiedener Phasen

Phasen eines Kulturschocks bei Freiwilligenarbeit

Freiwillige im Ausland durchlaufen oft diese 5 Phasen – eine davon ist der Kulturschock.

Beim Bereisen eines anderen Kontinents, kommt einem alles neu, großartig und so ganz anders vor, als Volunteer ist das nicht anders – die 1. Phase beim Entdecken einer neuen Kultur: Faszination und Kulturstaunen. Danach fallen einem Kleinigkeiten auf, die vielleicht doch nicht so toll sind, außerdem tritt man des Öfteren in Fettnäpfchen (Marias Beispiel der „dreckigen Hand“), die 2. Phase tritt ein: Krise und eventuell Kulturschock. In der 3. Phase, der Erholung, beginnt man Zusammenhänge zu verstehen, man lässt sich auf die Kultur ein und akzeptiert. In der vierten und letzten Phase, die sich im Ausland abspielt, kommt es zur völligen Anpassung: man ist nun seltener von der anderen Kultur überrumpelt und verhält sich sogar oft wie die Einheimischen. Natürlich ist das nur die Theorie und dient einzig und allein zu Informationszwecken, es kann immer anders kommen oder auch gar nicht eintreten.

 

„Nee, einen Kulturschock hatte ich zum Glück nicht!“

Marias Antwort auf die Frage, ob sie einen Kulturschock hatte, ist definitiv ein „Nein!“. Vor allem ist sie nicht mit bestimmten Erwartungen nach Ghana gegangen, hat sich gut über das Land informiert und hatte auch Unterstützung von der Freiwilligen-Organisation vor Ort.

Klar war sie überwältigt von der anderen Kultur, den Lebensbedingungen und der Umwelt: „ Wenn man auf den Markt geht, gucken die Menschen dich an, alle fassen dich an und manche schreien auch! Die Straßen sind oft dreckig, es liegt viel Müll rum und der Verkehr ist ein einziges Chaos – alte, klapprige Autos und viele Menschen überall!“ Maria ist nach Ghana gegangen, ohne die Erwartung zu haben die Welt zu verändern und genau das ist der ausschlaggebende Punkt: Man sollte sich auf die andere Kultur einlassen, versuchen sie zu verstehen und sich anzupassen, und akzeptieren, dass eben nicht alles wie in Deutschland und Europa ist.

 

Anpassungsfähig sein und sich auf die andere Kultur einlassen

Maria erwähnt mehrfach, wie hilfreich es war, dass sie Unterstützung der Freiwilligenorganisation hatte. Als sie in Accra ankam begann sofort die Einführungswoche, die von der Organisation vor Ort organisiert wurde. Auch wenn nicht alles 100% nach Plan lief, ist Maria davon überzeugt, dass auch diese ersten Ratschläge dazu beigetragen haben, dass sie keinen Kulturschock erlitten hat. Die „Organisations-Mama“ hat den Freiwilligen in den ersten Tagen ein paar Hinweise gegeben, die man unbedingt beachten sollte. Im Interview hat Maria uns Tipps rund um den Kulturschock verraten, die ihr sehr geholfen haben:

1. Achtung! Fettnäpfchen vermeiden

Jeder kennt das Gefühl gerade mal wieder in ein Fettnäpfchen getappt zu sein, passiert das in einem fremden Land fühlt man sich schnell verloren. Am besten lesen Sie vor der Abreise so viel wie möglich über Ihr Einsatzland, um über andere Bräuche und Sitten informiert zu sein. Wenn Ihre Freiwilligen-Organisation feste Mitarbeit vor Ort hat, können diese Ihnen am besten helfen. Marias Tipp: In Ghana auf keinen Fall Sachen mit der linken Hand machen, da das die „dreckige Hand“ ist und es unhöflich wäre diese im Kontakt und Umgang mit anderen zu benutzen.

2. Ein paar Floskeln beherrschen

Sprachbarrieren können dazu beitragen den Kulturschock zu intensivieren. Es ist darum hilfreich ein paar Floskeln in der afrikanischen Sprache zu beherrschen. Maria hat von der Organisation vor Ort ein paar Sprachfetzen beigebracht bekommen. Das bringt erste Sympathie-Punkte bei den Einheimischen und man versteht wenigstens ein paar Worte, wenn man auf der Straße angesprochen wird.

3. Sich auf Kultur und Lebensbedingungen einlassen

Maria hat schon ganz am Anfang ihres Freiwilligen-Projektes den Kontakt zur fremden Kultur hergestellt: „Wir hatten in der ersten Woche die Möglichkeit, die afrikanische Kultur ein wenig kennenzulernen. In der Gruppe haben wir typisch ghanaisches Essen gekocht (unter anderem Foufou, Kenkey und Jollof). Außerdem haben wir zum Beispiel gelernt mit der Hand Klamotten zu waschen, auch wenn die meisten das schon konnten, war es doch eine wichtige Erfahrung, die uns allen die anderen Lebensbedingungen wieder ins Gedächtnis gerufen haben.“

4. Anpassungsfähig sein

Der wohl wichtigste Aspekt ist die Anpassungsfähigkeit. Nicht zwingend zu später Stunde alleine unterwegs sein, lange Klamotten tragen (auch wegen Malaria-Risiko) und ganz einfach akzeptieren, dass Ghana ein anderes Land, mit anderen Lebensumständen und einer anderen Kultur ist. Maria ist überzeugt, wer das verstanden hat, der ist auf dem richtigen Weg und kann seinen Freiwilligen-Aufenthalt genießen, auch wenn das vielleicht heißt, auf ein paar Sachen verzichten zu müssen.

5. Wissen ist Macht

Kulturschock Afrika

Fahren im Tro Tro, den hiesigen Verkehrsmitteln – eine Herausforderung, die es zu meistern gilt. Achtung: Geld an den Busfahrer mit welcher Hand geben? Genau, der Rechten.

Vorab informieren ist nie verkehrt. Wir empfehlen zum Beispiel vom Reise-Know-How Verlag das entsprechende KulturSchock Buch des Ausreiselandes zu lesen. Das ist vor allem gut, um die erwähnten Fettnäpfchen zu vermeiden.

6. Der Volunteer-Blog, Foren und Reiseblogs helfen weiter

Sich im Volunteer-Blog, Foren und auf Reiseblogs umgucken, vielleicht sogar ein paar Fragen stellen kann Ihnen vor Projekt-Start helfen, aber auch wenn Sie schon mit Ihrem Lieblings-Projekt begonnen haben. Vielleicht können Sie ja mit Ihren Erfahrungen auch noch anderen Freiwilligen helfen?

7. Gut informiert sein – Informationen aus seriösen Quellen sammeln

Das Auswärtige Amt stellt Reise-und Sicherheitshinweise bereit, die wichtige Informationen zum Einsatzland enthalten. Dort können Sie nicht nur Informationen zu Impfungen, Visum und anderen Einreisebestimmungen finden, sondern auch interessante Fakten zu Politik, Wirtschaft und Kultur.

8. Ihre Freiwilligen-Organisation kann helfen

Fragen Sie nach, wie Ihre Freiwilligen-Organisation Ihnen bei der Vorbereitung auf das Land hilft. Stellt sie Ihnen Informationen für Ihr Zielland zur Verfügung? Veranstaltet sie Vorbereitungs-Wochenenden, in denen der Kulturschock eine Rolle spielt? Lesen Sie sich die zugeschickten Infomaterialien gut durch und bei Unklarheiten: einfach nochmal nachhaken.

9. Reden Sie über Ihr Projekt mit jedem zu jederzeit

Tauschen Sie sich mit der Familie, Freunden und Bekannten über Einsatzland, Erfahrungen mit Kulturschocks und generellen Reiseeindrücken aus. Auch wenn man vielleicht nicht von Anfang an alles versteht, hilft es vielen Freiwilligen vor Ort sich an die Geschichten Anderer zu erinnern. Volunteers im Ausland sollten sich immer vor Augen halten, dass auch andere vor ihnen schon ähnliche Erfahrungen gesammelt haben und oft sind in den kleinen Reise-Anekdoten Tipps versteckt, wie man einen Kulturschock vermeidet.

 10. Wahl der Freiwilligen-Organisation

Wählen Sie für Ihr Projekt eine Freiwilligen-Organisation, die Mitarbeiter vor Ort hat, und Ihnen deshalb vor Ort dabei helfen kann, den Kulturschock abzumildern. Bietet die Organisation eine Einführungs-Phase an?

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Frank Seidel

Frank Seidel ist der Gründer von www.wegweiser-freiwilligenarbeit.com, dem unabhängigen Portal für flexible und sinnvolle Freiwilligenarbeit im Ausland. Seit er 1991 selbst ein Praktikum in einem Naturschutzgebiet in Südfrankreich machte, beschäftigt er sich mit freiwilligem Engagement weit ab der Heimat, in der Vergangenheit auch als Autor des Buches "Jobben für Natur und Umwelt" oder als Marketing-Direktor einer weltweit agierenden Freiwilligenorganisation.

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